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Bemerkenswerte Funde von Carnallicrinus carnalli aus der Schaumkalkzone von Möllern bei Freyburg/Unstrut

Bild 2: <em>Carnallicrinus carnalli</em> (Krone), Fundort: Möllern bei Freyburg/Unstrut Bild 1: <em>Carnallicrinus carnalli</em> (Krone), Fundort: Möllern bei Freyburg/Unstrut

 

Um Jena leider im Schaumkalk nur sehr spärlich anzutreffen: Die Seelilie Carnallicrinus carnalli (BEYRICH 1856). Wesentlich bessere Vorkommen trifft man in noch aktiven Steinbrüchen in der Nähe von Freyburg/Unstrut an. (Bild 2: Sammlung und Foto M. Dietz).

Bild 1a (unten): Nachpräparierte Krone aus Bild 1 (Sammlung und Foto F. Siegel, Berlin)

 

 

 

 Bild 1 a: Die Krone von Bild 1 wurde viele Jahre später vollständig freipräpariert.

Bild 3: Wurzelbereich und Haftscheibe von <em>Carnallicrinus carnalli</em>

Bild 4: Stielfragmente von <em>Carnallicrinus carnalli</em> Bild 3 zeigt einen Wurzelbereich mit beginnender Stielbildung (unten) und eine Haftscheibe (oben) dieser Seelilie.

Bild 4 zeigt ein aus 19 Gliedern bestehendes etwa 5 cm langes Stielstück, welches in eine Vertiefung des ehemaligen Meeresbodens eingeschwemmt wurde. Sehr plötzlich musste dann ein Sturmereignis das Stielstück mit Sediment bedeckt haben, so dass es nicht in einzelne Glieder nach dem Tode zerfallen konnte. Dieses Sediment bedeckte noch in Form eines weichen graubraunen Lehms das Fossil beim Auffinden und konnte dann sehr gut entfernt werden.

Bild 5: Winzige Seelilie mit einer Stiellänge von ca. 2,5 cm

Bild 6: Stielfragment aus über 35 Gliedern Bild 6 zeigt einen aus über 35 Gliedern bestehenden, intensiv blau - violett gefärbten Stiel mit einer Gesamtlänge von 11 cm im Schaumkalk eingebettet (die Länge des hier sichtbaren Teils beträgt 7 cm) und dadurch von hervorragendem Erhaltungszustand. Rechts unten sieht man den Querschnitt eines weiteren Stiels mit Zentralkanal.

 

Bild 5 ist ein Neufund von 2/06. Eine winzige Seelilie mit einer Stiellänge von ca. 2,5 cm, mit einem vollständigen, teilweise im Sediment eingebetteten Stiel und Ansätzen der nur teilweise erhaltenen Krone. Dieser Stiel ist von der Wurzel bis zum Kronenansatz erhalten. Es scheint sich dabei um ein Jungexemplar zu handeln, das frühzeitig einem Ereignis zum Opfer fiel.

Die folgenden Bilder 7a-e zeigen ein vollständiges Exemplar der Seelilie Carnallicrinus carnalli von Obermöllern und Detailausschnitte der Krone:

Bild 7a Bild 7b Bild 7c

Bild 7d Bild 7e Dieser Fund ist insofern eine Überraschung, weil vor der Präparation durch Herrn Stefan Weiland nur zwei Fangarme aus dem Sediment herausschauten. Die Vergrößerungen zeigen die vollständig erhaltene Krone! (Fund Sommer 2003). Eine sich deutlich vom Untergrund farbig abhebende dünne Sedimentauflage könnte dieser Seelilie einen plötzlichen Tod gebracht haben. Sie wurde völlig intakt in dieses Sediment eingebettet.

Zur Schaumkalkbank im Steinbruch Möllern

Im Bereich des Steinbruches bei Obermöllern, in dem die in den Bildern 1 - 7 gezeigten Seelilienfossilien gefunden wurden, konnte man sehr gut den ehemaligen Meeresgrund mit Oszillationsrippeln (Wellenrippeln) und in die Strömung eingeregelten langen Stielstücken beobachten. Leider wird dieser eng begrenzte Fundbereich im Steinbruch (siehe Bilder 8 - 10) in naher Zukunft nicht mehr weiter abgebaut und der Steinbruch wahrscheinlich verfüllt. Laut neueren Informationen führte die Universität Leipzig dort in der Vergangenheit Untersuchungen durch und war an der Bergung einiger vollständiger Seelilien beteiligt. Deshalb scheint dieser Bereich noch erhalten zu sein. Die betreffende Fundstelle kann aber derzeit als fast erloschen betrachtet werden, da nur mit erheblichem Arbeitsaufwand dort noch Funde möglich sind. Die leicht violette Färbung der aus Kalzit bestehenden Seelilienteile ist dem Farbstoff "Fringelit" zuzuschreiben (frdl. Mitteilung M. Henniger).

Bild 8: Steinbruch Möllern - der Bereich der noch nicht abgebauten Schaumkalkbank Bild 9: Nahaufnahme der Schaumkalkbank Bild 10: Oszillationsrippeln (Wellenrippeln)


Bild 8 zeigt den Bereich der noch nicht abgebauten Schaumkalkbank: Im Hintergrund sieht man pleistozäne Sedimente in Form einer bis 2 Meter mächtigen Lösbedeckung über dem Wellenkalk (Orbicularis-Schichten). Die freigelegte Fläche stellt den Boden des ehemaligen Meeres am Top der Schaumkalkbank dar.

Die Nahaufnahme der Schaumkalkbank (Bild 9) zeigt zahlreiche Stielglieder und kleine Stielstücke der Seelilie Chelocrinus carnalli auf dem ehemaligen Meeresboden liegend.

Bild 10: Oszillationsrippeln (Wellenrippeln) weisen auf ein flaches, bewegtes Meeresmillieu hin. (Alle Fotos C. Linde 11/02)

Ein ähnliches, noch besseres Vorkommen wurde im Jahre 1894 von Prof. Dr. O. Jaekel beschrieben

Bild 11: Ausschnitt aus einem Seeliliengrab von <em>Carnallicrinus carnalli</em>, Trias, unterer Muschelkalk, Schaumkalkzone; Freyburg/Unstrut (aus Daber/Helms: "Das große Fossilienbuch" - 1978)„Die Gesteinsplatte besteht aus einem reinen, ziemlich dichten Schaumkalk, dessen Oberseite ockergelblich bis rostbraun gefärbt ist und unstreitig die Oberfläche eines einstigen Meeresgrundes darstellt, auf welchem sich jene Crinoiden angesiedelt hatten. Auf diesem Boden finden sich verschiedene scharf ausgeprägte Schlepp- und Kriechspuren, ferner sind die von den Ophiuriden (Schlangensterne) hinterlassenen Eindrücke in der gebräunten Oberflache vollkommen scharf... Hier musste der Boden unstreitig zur Zeit der Ansiedelung der Crinoiden eine ziemliche Festigkeit erlangt haben, was für die Art der Bildung submariner Kalkschichten nicht ohne Interesse ist, und das Wasser über dem Boden muss relativ klar und rein gewesen sein.

Über dieser besprochenen Kalkbank lag eine gelbliche lehmige Schicht, als ich die Platte erhielt, nur in der geringen Mächtigkeit von einigen Millimetern; sie dürfte vielleicht an Ort und Stelle im Steinbruch dicker gewesen sein... Mit der Ablagerung dieses lehmigen Schlammes mussten sich die ökologischen Verhältnisse für die Bewohner des vorher reinen Wassers sehr wesentlich und jedenfalls nicht zu ihrem Vorteile ändern. Namentlich ist nicht anzunehmen, dass Crinoiden bei der eigentümlichen Art ihrer Ernährung in stark verschlammtem Wasser leben können. Die hieraus sich ergebende Folgerung, dass dieselben bei der Ablagerung der Lehmschicht schnell gestorben seien, erlangt meines Erachtens dadurch eine sehr beweiskräftige Stütze, dass in der betreffenden Bank Individuen der verschiedensten Altersstadien liegen. Nun zeigt sich aber bei den Crinoiden unserer Platte noch eine weitere Erscheinung, die in ihren Folgen sehr wichtig geworden ist. An neun von siebzehn Kronen sind die oben gelegenen Arme abgelöst und bisweilen in toto, meist in einzelnen Stücken eine Strecke weit von dem Kelch auf dem Boden verstreut. Da diese auffallende Erscheinung an der Mehrzahl der Kelche zu beobachten ist, so kann sie nicht als Zufall betrachtet werden, sondern muss eine gemeinsame Ursache haben. Diese kann aber nur darin zu suchen sein, dass die aus der einhüllenden Schlammschicht herausragenden Teile der bereits verwesten Crinoiden durch Strömungen abgelöst und ein Stück weit verschleppt wurden...

Die besprochene Ablösung der oben gelegenen Arme von den Kronen hat nun die für das Studium jener Crinoiden äußerst erfreuliche Folge gehabt, dass dadurch an einer Reihe von Exemplaren die Kelchdecken in ausgezeichneter Weise freigelegt worden sind."

Quelle: Daber/Helms "Das große Fossilienbuch" - 1978, S. 105/106

Ein älterer Fund vom Sommer 2003 wurde nach präpariert:

Herr Frank Siegel (Berlin) nahm sich der Carnallicrinus carnalli-Krone (siehe Bilder 7 a-e) noch einmal an:

Hier das Ergebnis (Bilder: Frank Siegel):

Krone Detail Gesamtansicht nach Präparation


Und hier seine Erklärungen:

Prinzipiell ist das Ergebnis besser geworden, als ich erwartet hätte. Das Material schlug nur sehr langsam auf KOH und Essig an, aber die Masse der Ätzdurchgänge zeigte dann irgendwann doch Wirkung. Alle Armspitzen liegen nun frei und Du siehst sogar die Armspitzen von der “Gegenseite” am oberen Rand der Krone. Die Pinnulae liegen komplett dreidimensional frei, was bei mechanischer Präparation halt nicht machbar ist. Der Kelch wurde noch etwas weiter frei gelegt, um mal zu schauen, ob noch Arme zum Vorschein kommen, was jedoch nicht der Fall war. Den Stiel habe ich nur mechanisch überarbeitet, theoretisch hätte ich ihn noch mal abgeätzt, aber er lag schon so dermaßen frei auf der Matrix, dass das Risiko einfach zu groß war. Insbesondere nach der Grundierung schaut der Stiel jetzt aber aus, wie gemalt, Schlagspuren sieht man fast gar nicht mehr. Die Krone habe ich nur partiell grundiert, die Matrix überhaupt nicht-der Farbkontrast ist auch so schon optimal. Final habe ich dann noch die Matrix rund um die Lilie angeglichen, da mein “Vorgänger” damals wohl nur einen kleinen Schleifkopf benutzt hat. Also ich bin zufrieden. Man schaut übrigens auf die “Unterseite” der Lilie, mit der sie bei der Einbettung auf dem Substrat liegen blieb, aber das nur nebenbei. Von der Größe geht sie fast noch als juveniles Exemplar durch, ausgewachsen ist sie jedenfalls noch lange nicht-passt zu den übrigen Funden aus Möllern, wo adulte Exemplare absolute Mangelware sind.

Frank Siegel, Berlin, August 2015

Inzwischen sind weitere Kronenfunde in dem auflässigen Steinbruch gemacht wurden. Sie werden nach und nach hier ebenfalls kurz vorgestellt:

Aktuelle Funde von Carnallicrinus carnalli aus Obermöllern

Im August 2014 fand Sebastian Brandt (Kornhochheim) bei einer Exkursion mit Frank Siegel und Thomas Billert nach Stunden des erfolglosen Sondierens im Haufwerk ein Kronenfragment, welches äußerlich durch die freiliegende Kelchbasis und einige Arme mit Cirren erkennbar war. Der Finder begann die aufwändige Präparation in der Folgezeit, überließ das Fossil dann jedoch dankenswerterweise Thomas Billert, da es nicht zwingend zu seinem Spezialgebiet gehörte. Dieser übergab es wiederum Frank Siegel zur weiteren Präparation, welcher selbige dann im April 2015 in knapp 20 Arbeitsstunden beendete. Da die chemische Präparation mit Kaliumhydroxid nicht die gewünschte Wirkung erzielte und die Präparation von filigranen Stachelhäutern mit dem Druckluftstichel die denkbar ungünstigste Lösung ist, wurde das Exemplar fast ausnahmslos durch millimetergenaue, aber sehr zeitaufwändige Schabetechnik frei gelegt.

Die Bilder zeigen den Zustand nach dem Anpräparieren sowie die fertig präparierte Krone.

Zustand nach dem Anpräparieren - man sieht die beim Fund freiliegenden Armfragmente und Kelchbasis Gesamtansicht des Stücks mit Maßstab Detailaufnahme der Krone (1)


Die Kelchbasis ist nahezu unverdrückt Detailaufnahme der Krone (2)

Im Ergebnis zeigt sich eine noch recht artikulierte Krone mit 13 erkennbaren Armen in unterschiedlichen Zerfallsstadien. Der Kelch ist hingegen artikuliert und fast unverdrückt erhalten. Da Crinoiden bereits wenige Stunden nach ihrem Tod zerfallen muss in diesem Zeitfenster eine rasche Einbettung erfolgen – bei dem vorliegenden Exemplar geschah dies offenbar gerade noch rechtzeitig.

Die Krone des nahezu adulten Tieres besitzt eine Länge von ca. 6 cm, sie dürfte inklusive der fehlenden Armspitzen noch geringfügig größer gewesen sein.

Die Krone und ihre Fundgeschichte wurde in Heft 23 des "Steinkern" in einem Kurzbericht vorgestellt.